Aus der Näherei ins Wohnzimmer: Eine kleine Geschichte der Nähmaschine (Teil 2) 

Was einst den Industrienähereien vorbehalten war, findet sich heute in beinahe jedem Haushalt: Die Nähmaschine blickt auf eine lange, aufregende Geschichte voller Innovationen, aber auch Krisen zurück. Im zweiten Teil unserer kleinen Nähmaschinen-Chronik widmen wir uns dem Weg der Nähmaschine in den privaten Sektor, ihrer Strukturkrise und gegenwärtigen Renaissance.

Geschickt eingefädelt: Die Etablierung der Haushaltsnähmaschine

Alte Nähmaschine

Mit Beginn der serienmäßigen Produktion von Nähmaschinen kam bei den Herstellern schon bald die Idee auf, Menschen das maschinelle Nähen in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Die ersten daraufhin entwickelten Haushaltsnähmaschinen waren den industriell eingesetzten Modellen noch sehr ähnlich – im Laufe der Zeit entwickelten sie sich aber technologisch immer weiter auseinander.

Anfangs nähten Haushaltsnähmaschinen ausschließlich vorwärts, nach einiger Zeit setzte sich auch bei Maschinen für den Hausgebrauch der Stichumsteller zum Rückwärtsnähen durch. Ab diesem Zeitpunkt divergierte die technologische Entwicklung: Während industriell genutzte Maschinen mehr und mehr an die speziellen Belange des jeweiligen Anwendungsfalls angepasst wurden, blieb die Maschine für den Hausgebrauch weitestgehend standardisiert, um möglichst universell einsetzbar zu sein.

Für die Bedürfnisse versierter Hobby-Näher:innen entstanden einige Speziallösungen, darunter zum Beispiel die Overlock-Maschine, welche in einem Arbeitsschritt nähen und die Stoffkanten beschneiden konnte. Mit ihrer Hilfe ließen sich Stoffe hervorragend versäubern oder Stoffkanten miteinander verbinden. Auch Blindstich- und Pikiermaschinen für die Erzeugung unsichtbarer Nähte wurden gefertigt.

Frühe Haushaltsnähmaschinen waren mit einem Gehäuse aus Gusseisen ummantelt, das später durch Aluminium ersetzt wurde. Dadurch wurde die Maschine deutlich leichter.

Ein Stich ins Herz: Die Krisen der Nähmaschine ab 1914

Nähmaschine schwarzer Stoff

Zahlreiche deutsche Hersteller folgten dem Trend und der wachsenden Nachfrage des frühen 20. Jahrhunderts. Mehr als 200 Unternehmen bauten nun ihre eigenen Nähmaschinen – darunter auch bekannte Namen wie Opel, Naumann und Phönix. Doch der Hype blieb leider nicht von langer Dauer, denn schon bald brach der erste Weltkrieg aus.

Die Herstellung von Nähmaschinen wurde in den folgenden Jahren mehr und mehr eingeschränkt. Der Fokus im industriellen Sektor lag nun auf der Produktion kriegsrelevanter Güter – und die Fertigung von Textilien rückte zunehmend in den Hintergrund.

Mit den beiden Weltkriegen kam der Außenhandel gänzlich zum Erliegen gekommen. Nach 1945 waren Kleidung und Heimtextilien in Deutschland ein rares wie begehrtes Gut – entsprechend stark wuchs auch der Bedarf an Nähmaschinen. Diverse Investoren erkannten das Potenzial dieses Marktes und stellten ihre angestammte Produktion erfolgreich auf Nähmaschinen um.

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der 50er- und 60er-Jahre wurde der Markt für die deutschen Nähmaschinenhersteller allmählich enger. Industriell genähte Kleidung wurde nun immer günstiger, sie selbst zu nähen war nicht mehr lukrativ. Hinzu kam, dass auch die Haushaltsnähmaschinen selbst nun häufig aus Fernost importiert wurden. In der Folge schlossen sich deutsche Hersteller untereinander (oder mit der asiatischen Konkurrenz) zusammen.

In den 70ern und 80ern kam die Nähmaschinenherstellung in Deutschland fast gänzlich zum Erliegen. Global entwickelte sich die Branche aber dennoch rasant weiter. Im Jahr 1986 brachte der Schrittmotor der ersten Bernina-Nähmaschine eine technologische Wende. Mit dem Modell 830 setzte der Hersteller innerhalb seines Sektors neue Maßstäbe – denn mit seiner Funktionsvielfalt war dieses Gerät mehr Computer als Nähmaschine.

Nähen in der Gegenwart: Die Rückkehr der Nähliebe

Nähen an moderner Nähmaschine

Einige Jahrzehnte später ist der Hype um Fast Fashion und möglichst günstige Textilien vorbei – Attribute wie Qualität und Nachhaltigkeit rücken wieder mehr in den Fokus. Und auch die Herstellung eigener Kleidung und Heimtextilien (z. B. nach online verfügbaren Schnittmustern) liegt aktuell voll im Trend.

Wir freuen uns über das DIY-Revival und die wachsende Nähliebe auf der ganzen Welt. Nähprojekte, die für die heimische Nähmaschine zu aufwendig sind, setzt unser Nähservice kompetent und zuverlässig um.